Lage in Bolivien 3

Neuwahlen

Jetzt kann man in Bolivien wieder von einer gewissen Rückkehr zur Normalität sprechen

Die Interimspräsidentin Janina Añez hat sich mit den Parlamentariern der MAS-Partei, der Partei von Evo Morales, auf acht Punkte geeinigt, die zu Neuwahlen im März 2020 führen sollen. Bereits jetzt haben sich zwei wichtige Kandidaten gemeldet:

Carlos Mesa, der im Oktober auf 37 % der Stimmen gekommen war, will wieder antreten.

Der Ex-Sprecher des Bürgerkomitees von Santa Cruz, Luis Fernando Camacho will ebenfalls kandidieren. Er beruft sich zwar auf die Bibel, gehört aber einer fundamentalistischen christlichen Gruppe an. Seine Radikalität lässt sich schwer mit unserem Verständnis von christlichem Glauben vereinen. Zudem gehört er zur reichen Oberschicht, die sich scharf gegen eine Gleichberechtigung der indigenen Bevölkerungs-schichten wendet.

Die MAS ist noch auf der Suche nach einem Kandidaten; die bisherigen Amtsinhaber sind nicht mehr zugelassen. Prominente Parlamentarier der MAS fordern, dass die Verfolgung der Gegner der bisherigen Regierung und der MAS – Mitglieder aufhören müsse.

 

Bewertung

Wie sieht eine vorsichtige Bewertung zum jetzigen Zeitpunkt aus?

Mehr als 30 Tote, immense Schäden an Häusern und Vermögen, ein Monat Stillstand der Wirtschaft.

Die indigene Bevölkerung ist verunsichert, ob sie wieder unter der Verachtung der Oberschicht leiden muss und welche soziale Leistungen gestrichen werden. Das Misstrauen zwischen Stadt und Land besteht weiter.

Es gab Verletzungen der Menschenrechte, so dass Frieden und Gerechtigkeit wieder hergestellt werden müssen. Es fehlt viel an Kenntnissen über die Menschenrechte. Die MAS fordert, dass das Dekret, dass die Armee ungestraft Waffen gegen Demonstranten einsetzen kann, aufgehoben wird.

Und es gibt viele offene Fragen: Warum hat die OAS, die den Verdacht des Wahlbetrugs ausgesprochen hat, noch nicht den vollständigen Bericht veröffentlicht? Warum haben Gegner der MAS Wahllokale angezündet und Unterlagen vernichtet? Ihnen hätte doch an einer genauen Überprüfung liegen müssen.

 

Unsere Projekte sind auch betroffen

Für unsere Projekte hat diese Zeit auch ihre Konsequenzen:

Seit den Wahlen hat es praktisch keine Aktivitäten in CADECA gegeben. Allerdings konnte das Schuljahr für CEA abgeschlossen werden.

Die Bischöfe waren seit der Wahl ständig in Gesprächen mit den verschiedenen Gruppen, so dass die gesamte andere Pastoral liegen blieb. Die Amazonas-Synode ist in den Hintergrund getreten.

Für CADECA ist es ein verlorener Monat, auch in wirtschaftlicher Sicht. Im Dezember sollen aber die Versammlungen der Vikariate stattfinden.

In Independencia ist es seit Allerheiligen ruhig, aber es gibt immer wieder Blockaden auf den Straßen.

Jetzt müssen wir sehen, wie sich die Lage entwickelt. Hoffen wir, dass nicht nur Ruhe und Normalität einkehren, sondern dass gerechte Lösungen gefunden werden und die Würde aller Menschen respektiert wird.

Raimund Busch, 1. Vorsitzender